Cusco & Heiliges Tal

Cusco oder Qosqo wie es in Quechua genannt wird, bedeutet “Nabel der Welt“. Hier war laut den Inka-Legenden der Ursprung des Lebens und von diesem Punkt aus teilte sich das Reich in die vier Himmelsrichtungen auf. Am Plaza de Armas findet man auch die Wegpunkte des ursprünglichen Inka-Pfades, der durch das heilige Tal zum heiligen Inka-Village Machu Pichhu führt.

Ich komme morgens in Cusco auf 3.400 hm an und spüre eine unerklärliche Energie. Verstärkt wird diese Kraft durch die bereits feiernden Peruaner – das Sonnenfest Inti Raymi steht an. Wenn die Sonne der Erde am nächsten steht, erwacht in Cusco die alte Welt der Inka wieder zum Leben. Traditionelle Gewänder und Schmuckstücke werden durch die Straßen getragen. Das ist der Moment, wenn Inti Raymi stattfindet, das prominenteste Fest Perus. Das Sonnenfest der Inka findet jedes Jahr am 24. Juni in Cusco statt. Ich streife in den nächsten Tagen durch die unglaublich süße und schöne Stadt und bin wieder einmal begeistert von den alten Inkabauwerken, der Kultur und den Festivitäten. Abends tauche ich mit neuen Bekanntschaften in das Nachtleben ein und nach vier Tagen des Lebens und Feierns beschließe ich etwas Ruhe in den Anden zu suchen.

Der Salkantay Trek mit dem Ziel Machu Picchu steht an. Ich plane fünf Tage für mich ein und bin gespannt wie ich die 80 km und die Höhe bis zu 4.900 m in der “Wildnis“ schaffen werde.

Gleich zu Beginn treffe ich auf zwei Deutsche, einen Canadier, einen Australier, einen Slowenen und eine Portugiesin. Sie waren unabhängig voneinander vor Peru in Bolivien und haben dort schon ein paar 6.000er gemacht. In Cusco haben sie sich dann kennengelernt und sind nun seit einer Woche zusammen unterwegs. Nachdem ja bekanntlich der Weg das Ziel ist, geht es zusammen los und wir nehmen uns als erstes Ziel den Humantay Lake auf 4.200 hm vor. Wir möchten etwas Höhenluft schnuppern, bevor es am nächsten Tag zum Salkantay geht. Abends finden wir „Glasscottages“ und wir beschließen darin die Nacht zu verbringen. Wir haben Glück, das tolle Wetter unterstützt uns auf 4.000 Meter in der Höhe und wir müssen Tags und Nachts nicht wirklich frieren – vorausgesetzt die Kleidung passt. Beim Kartenspiel und mit viel Pisco lassen wir den Tag ausklingen. Am nächsten Morgen gehts dann weiter und wir kommen den 5.000 hm näher. Die Luft wird immer dünner und das Wasser am Weg ist mittlerweile gefroren. Mit dem thronenden und weißen Salkantayberg vor uns stürmen wir los. Ich fühle mich immer wohler und spüre außer der dünnen Luft keine Höhenthematiken. “Ich bin wohl wirklich ein Bergmensch,“ denke ich mir. Als wir oben sind, genießen wir die Ruhe, die Kargheit und die unglaubliche Aussicht. Natürlich darf der Pisco im Flachmann nicht fehlen und Peter, der Canadier, tanzt seinen mittlerweile auf TikTok bekannten Tanz.
Die Reise zum Machu Picchu wird zu einer Art Pilgerweg. Ein Weg der sich stetig ändernden Landschaften, ein Weg der Menschen und ein Weg der Einsichten.

Nachdem wir den Salkantay hinter uns lassen, kommen wir von der kargen Bergwelt innerhalb von wenigen Kilometern in die Dschungelwelt der Anden. Auf 3.000 Meter ist es heiß und um uns herum finden wir vom Regenwald bewachsene Berge. Wir hören “Urwaldgeräusche“, Vögel und werden von Moskitos gestochen. Als wir Abends wieder Unterschlupf in Glasscottages finden, treffen wir auf eine Gruppe Niederländer und feiern erneut zusammen. Im Grunde gab es bis auf den Abend vor dem Machu Picchu keinen Abend, an dem wir nicht feierten. Tagsüber stürmen wir den Weg über die Berge Richtung heiliges Tal entlang und Abends genießen wir zusammen unsere Mission.

Als wir endlich am vorletzten Tag auf den Inkapfad stoßen, jogge ich davon. Trotz einer alkoholreichen und sehr kurzen Nacht fühle ich mich unglaublich gut. Der Weg führt 800 hm nach oben und immer wieder findet man Nachweise der Inkas. Als ich mich, oben angekommen, durch den Regenwald kämpfe, gelange ich auf einmal auf eine freie Anhöhe und vor mir tut sich der Anblick auf den Machu Picchu auf. Ich sehe ihn zum ersten Mal – ich muss mich setzen. Ich sitze da, blicke in das heilige Tal, sehe die Berge vor mir und höre unter mir die Geräusche aus dem Regenwald.

Da ist er nun. Und ich bin auch da. Ich bin wirklich hier. Ich habe einen Platz gefunden, der etwas mit mir macht. Ich erlebe es und kann es nicht beschreiben.

Irgendwann kommen die anderen und wir sitzen ergriffen und still zusammen da und lassen alles um uns herum wirken.

Wir joggen zusammen den Weg ins heilige Tal hinunter und laufen an den Bahngleisen der Hidro Electrica entlang nach Aguas Calientes. Nach einer 24 km Tagestour kommen wir in unserem Hotel an und können es kaum erwarten endlich wieder heiß Duschen zu können.

Um 5 Uhr morgens ist es dann soweit! 400 Höhenmeter Stufen müssen wir absolvieren, um endlich das Machu Picchu Dorf betreten zu können. Wir grinsen uns an, als sich das heilige Dorf vor uns auftut. Wir sind endlich da. Mit der aufgehenden Sonne und den ersten Sonnenstrahlen wandern wir durch das Dorf, das die Inkas 60 Jahre lang erbaut haben. Jeder Stein ist so perfekt geklopft, dass sie zusammen ineinander passen. Jeder Weg, jede Treppe, jedes Haus, jeder Schlafplatz ist durchdacht errichtet worden. Und wir mittendrin in diesem Weltwunder. Ich könnte nun so viel schreiben und irgendwie auch nichts. Man muss es erleben, sehen und fühlen. Es war eine Reise der Menschen, mit tollen Menschen, eine Reise der Natur, eine Reise der Einsichten und ich bin nun hier.

Später kämpfen wir uns die 800 Höhenmeter – wieder einmal nur Stufen! – auf den Machu Picchu Berg hinauf und blicken auf das Heilige Dorf und Tal hinunter. Wir grinsen uns wieder an.

Abends, zurück in Cusco, sitze ich da und rekapituliere die letzten 5 Tage. Ich denke daran, dass ich bis vor knapp 2 Jahren nicht einmal Joggen konnte, dass ich keine Stufen bergab springen konnte und ich fast 3 Jahre lang daran gearbeitet habe, das wieder zu können. Ich durfte auf dem Weg dahin viele Rückschläge erleiden und musste von Neuem lernen wie man geht, wie man joggt und wie man bergab geht. Ich hätte nie gedacht, dass der Weg zum Machu Picchu und hinauf auf den Berg sowie hinunter, auch ein Weg der Bestätigung sein wird. Klar man sagt das immer so leicht, wenn man durch ein Tal geht, umso schöner ist es dann oben zu sein. Man weiß es umso mehr zu schätzen, wenn man dann wieder oben steht. Ich durfte durch viele Täler gehen, aber auch immer wieder oben stehen. Dieses Mal war es aber anders. Dieses Mal war es zum ersten Mal das reine und klare Gefühl: „Ich bin gegangen, alleine, habe gekämpft und nun stehe ich hier oben und darf das erleben und fühlen. Ich habe mir diesen Traum erarbeitet. Das gehört mir. Mir alleine. Und dafür bin ich mir so unglaublich dankbar. Ich bin dankbar, dass ich so bin und immer wieder so kämpfe, dass ich gelernt habe mir mein Glück zu erarbeiten und mir dadurch immer wieder tolle Momente schenke.“ Natürlich vergesse ich die Unterstützung der Menschen um mich herum nicht. Aber wie gesagt, dieses Mal fühlt es sich nach einem Moment an, der nur für mich bestimmt ist.

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